Steve Horn: Marquis der klaren Töne
Klare und unmissverständliche Worte sind selten geworden in unserer Sprache. Zu viele Floskeln, Halbwahrheiten und nichtssagende Allgemeinplätze vernebeln die Sinne und verderben den Geschmack. Die ständige Berieselung durch Jahrmarkt- und Kaufhauslautsprecher lassen uns durch einen kulturellen Einheitsbrei vollständig orientierungslos werden und Musik als Beschallung ohne Sinn erscheinen.

Musik jedoch ist wie die Sprache ein Ausdruckmittel kulturellen Erbes, Ton gewordene Geschichte und Zivilisation. Nichts weniger bringt Steve Horn zum Ausdruck, egal ob er seiner Trompete nun Jazz, Swing, Boogie entlockt oder als „Marquis de Bordeaux“ die Welt des Barock lebendig werden lässt. Immer sind es reine Töne, unmissverständlich einer Zeit, einer Epoche zuzuordnen. Geschichten und Anekdoten, mit denen der 1967 geborene Künstler seine Aufführungen bereichert, lassen ein Gesamtkunstwerk entstehen, das dem eines historischen Episodenfilms gleichkommt: Förmlich sieht man Louis Armstrong auf den Straßen von New Orleans spielen oder eine preußische Kronprinzessin im Schlossgarten den Tönen zeitgenössischer Musikanten beim Tee lauschen.

Die „Geburt“ des Pfeifenrauchers und die des Musikers fallen in etwa in die selbe Zeit. Als er mit 16 Jahren die erste Pfeife von einem Onkel zu schmecken bekam, blieb er diesem Genuss bis heute treu. Musik gehörte im Elternhaus zum ständigen Begleiter. Sie sog er gleichsam mit der Muttermilch auf. Über einige Umwege geriet Steve Horn an seine erste Trompete. Verbeult, verkratzt und ihres Namens eigentlich nicht würdig, wurde das Instrument fortan seine erste große Liebe. Sie hat ihn bis heute nicht verlassen. Der gelernte Bautischler übte seinen Beruf zwar aus, ließ dem Musizieren aber einen immer größeren Raum, studierte Trompete in Dresden und wurde schließlich freiberuflicher Musiker, dessen Unterhaltungskunst - neudeutsch Entertainement - weit mehr umfasst als „nur“ gute Musik. Das allein ist in Zeiten, in denen ein Daniel Kübelböck als Star bezeichnet wird, schon eine ganze Menge. Nein, Steve Horn unterhält mit Niveau. Mit dem Niveau eines Mannes, dessen Herz und dessen Taten sich mit allem Engagement gegen die Beliebigkeit stemmen. In diesem Sinn darf man Steve Horn ruhigen Gewissens als einen Teil des preußischen Kulturbesitzes bezeichnen, dessen Rolle als „Marquis de Bordeaux“ ihre ideale Bühne am neuen Schloss Köpenick hätte.

Quelle: Köpenicker Köpfe, Wortwahl-Verlag Berlin, mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers

Web: http://www.steve-horn.de

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