Geschichtsunterricht für Jüngere und Alt-Bundesbürger: Wie kaufte man zu DDR-Zeiten ein Haus?

Gisela Achterberg zu Gast in der "Rahnsdorfer Runde" im Cafe "Zweiblum"

Die Malerin und Objektkünstlerin Gisela Achterberg zog 1978 aus Prenzlauer Berg, indem sich damals viele Künstler niederließen, ins beschauliche und begehrte  Wilhelmshagen. Seitdem lebt sie als nun überzeugte Wilhelmshagenerin in einem Haus im Grenzbergeweg 13, das schon 1899 zu Kaisers Zeiten als erstes Haus in der damaligen Bismarckstr. im Landhausstil errichtet wurde. Es diente damals lediglich als Sommerresidenz eines Berliners, der das Haus nur von Mai bis September bewohnte. Das entsprach dem Lebensstil vieler wohlhabender Berliner, die die warme Jahreszeit in der sogenannten Sommerfrische in einer gemieteten Wohnung oder im eigenen Haus des Berliner Umlandes oder den Kaiserbädern von Usedom  verbrachten.


Für die Künstlerin war der Kauf ein echter Glücksfall, wenn man sich die Begleitumstände eines Hauskaufes in der damaligen DDR in Erinnerung ruft. Grundsätzlich war der Neubau eines Hauses oder der Kauf eines Altbaus durch Privatpersonen äußerst schwierig. Deshalb wurden Häuser auch häufig nur an nahe Verwandte vererbt oder in der unmittelbaren Nachbarschaft an Kinder von Nachbarn ohne Mitwirkung von Maklern verkauft. Der Neubau von Einfamilienhäusern kam seit 1940 zum Erliegen, zunächst kriegsbedingt und später zu DDR-Zeiten wegen der Knappheit von Baumaterialien und des Mangels an Baukapazitäten. Auch existierte kein Immobilienmarkt nach heutigem Muster. Dementsprechend gab es für ganz Ostberlin mit 1,3 Mio. Einwohnern nur die beiden Maklerbüros Koeppen und Oehmke. Heute finden wir allein in Rahnsdorf bei ca. 9000 Einwohnern schon zwei Immobilienmakler.


So war allein der Umstand, dass 1978 das im Grenzbergeweg gelegene Haus durch das Maklerbüro Koeppen zum Verkauf angeboten wurde, eine durch die Macht des Zufalls bedingte glückliche Fügung. Nach Besichtigung waren sich Gisela Achterberg und ihr Lebenspartner - der Chefdirigent des Rundfunkchores Berlin  Herr Dietrich Knothe -  schnell einig, den Kaufvertrag zu unterschreiben, denn die Bausubstanz des heruntergekommenen Hauses, das Grundstück, die Verkehrsanbindung und die Lage im begehrten Wilhelmshagen gefielen.


Mit Erstaunen erfuhr das Paar jedoch dann vom Makler, dass der Vollzug des Kaufes und die Eintragung ins Grundbuch zu DDR-Zeiten an weitere Bedingungen gebunden waren. Erstens musste bei der örtlichen Wohnraumlenkung nachgewiesen werden, dass die Zimmeranzahl des Hauses mit der  Personenzahl der Familie in etwa übereinstimmt. Zweitens war die Zustimmung staatlicher Stellen erforderlich, da diese ein Vorkaufsrecht hatten. Vermutlich war man „vorsichtig“ genug, um nicht einen international konzertierenden Musiker zu verstimmen, der ohnehin politisch nicht „gefestigt“ war (wie die Akte bewies!), so dass sie das Haus erwerben konnten.


Nach der Wende wurde bekannt, dass in Rahnsdorf, Wilhelmshagen und Hessenwinkel als Käufer häufig die Stasi als Aufkäufer im Hintergrund stand und zahlreiche abgelegene Einfamilienhäuser bevorzugt für konspirative Treffen mit Informellen Mitarbeitern (sogenannte IM’s) nutzte.
Und die Moral von der Geschicht’: Auch in der DDR gab es bisweilen ein Happy End!

Über das künstlerische Schaffen von Gisela Achterberg informiert der Rahnsdorfer Schirm hier.


Wie ein Blick in die Rubrik „Rahnsdorfer Köpfe“ zeigt, haben auch weitere Künstler den Weg nach Rahnsdorf gefunden.


- dob -