Die Ruderbootfähre über die Müggelspree

 

Der Preußische König fuhr frei!

Über die Müggelspree vom Fischerdorf Rahnsdorf zum Restaurant Neu-Helgoland wurde 1908 eine  Personenfähre  eingerichtet und bis etwa 1940 betrieben. Parallel dazu gab es auch eine Ruderbootfähre zum Übersetzen von der Kruggasse in Rahnsdorf zum anderen Ufer der Müggelspree in Müggelheim. Die Fähre wurde von den langjährigen Fährmännern Richard Hilliges (1919 - 1945), Richard Hörnicke (1947 -1978) und Paul Rahn (1978 - 2002) betrieben.

Die Ruderbootfähre gibt es noch immer. Heute verkehrt die F 24 von Ostern bis Anfang Oktober als Saisonlinie der BVG über die 36 Meter breite Müggelspree zum Müggelheimer Ortsteil Spreewiesen. Immer noch wird der Fährkahn „Paule III“ mit der Hand ans jeweils andere Ufer gerudert. Sie ist die letzte per Muskelkraft bewegte Fähre Berlins und damit ein Unikum unserer Stadt.

Damals als alles begann, gab es im alten Preußen natürlich eine exakte, von allerhöchster Stelle genehmigte Tarifregelung. Jeder musste bezahlen, nur der König, seine Familie und Männer in Uniformen waren befreit. Aber lesen Sie doch selbst das Originaldokument vom 13. Juli 1908 aus der Amtlichen Bekanntmachung des Königlich-Preußischen Amtsblattes, auf das uns der Ortschronist Heinrich Jendro aufmerksam machte:

Tarif

für die öffentliche Personenfähre zwischen Gastwirtschaft Neu=Helgoland und der Gastwirtschaft in Alt=Rahnsdorf bei km 8,1 bis 8,5 der Müggelspree.

A.      Es ist zu entrichten für das Uebersetzen

a)   bei einmaligen Fahrten

1.        eines Erwachsenen einschließlich Traglast     10  Pf.

2.        eines Kindes bis zu 14 Jahren     .       .        .  5  Pf.

b)   bei gleichzeitiger Bezahlung

der Hin- und Rückfahrt an einem Tage

1.      eines Erwachsenen einschließlich Traglast    15 Pf.

2.      eines Kindes bis zu 14 Jahren   .       .        .   10 Pf.

3.      eines Fahrrades mit Eigen- oder Kraftantrieb je Sitz, eines Handkarrens, Handwagens, Handschlittens, Kinderwagens, eines größeren Hundes, oder anderen größeren Tieres, je Stück    .     5 Pf.

4.       Falls sich kein weiterer Fährgast in sichtbarer Annäherung auf die Fähre befindet, hat der Fährmann sofort überzusetzen, wenn die Fährgäste zusammen mindestens 40 Pf. an Fährgeld entrichten, oder sobald eine Wartezeit von 10 Minuten verstrichen ist, nachdem der die beschleunigte Abfahrt fordernde Fährgast den Kahn bestiegen hat (in diesem Falle zu den unter A  bezw. B 1 aufgeführten Sätzen).

5.       Das gänzliche Einstellen des Fährbetriebes während der Monate November bis einschließlich Februar sowie die Wiederaufnahme desselben im März wird durch öffentlichen Anschlag an der Fährstelle bekannt gegeben.

B.   Befreiungen.

Frei überzusetzen sind:  a) der König, die Mitglieder des Königlichen und Fürstlich Hohenzollern’schen Hauses, Polizei oder öffentliche Beamte bei Dienstreisen oder sonstigen dienstlichen Verrichtungen, wenn sie Uniform tragen oder sich genügend ausweisen können, Gendarmerieoffiziere, Briefträger und Postboten nebst den von diesen mitgeführten Fahrrädern, Handwagen und dergleichen, b). Kinder unter 6 Jahren in Begleitung Erwachsener.

Dieser Tarif tritt mit dem Tage seiner Veröffentlichung im Amtsblatte in Kraft.

Potsdam, den 13. Juli 1908.

Der Regierungspräsident

als Chef der Verwaltung der Märkischen Wasserstraßen.


- hwa -

- dob -